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Rückenwind für die grüne Superfrucht

Wasser spritzt auf frisch aufgeschnittene grüne Avocados auf grünem Hintergrund.

Marketingkampagnen für Avocados sollten gezielt auf jüngere Menschen zugeschnitten werden. kaiskynet/AdobeStock

Cremig in der Textur, weich im Geschmack und dazu randvoll gefüllt mit Vitaminen und essenziellen Aminosäuren, Ballaststoffen und gesunden, da ungesättigten Fettsäuren: Avocados sind die perfekte Zutat für herzhafte und süße Gerichte gleichermaßen. Kein Wunder, dass sich die dunkelgrünen Früchte bei den Konsument:innen weltweit immer größerer Beliebtheit erfreuen. Allerdings wird das Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft, sind Marktkenner überzeugt.

Das Angebot wächst und wächst, …

In den vergangenen zehn Jahren, genauer im Zeitraum 2011/12 bis 2022/23, hat sich der weltweite Handel mit Avocados verdreifacht. Mit einem geschätzten jährlichen Volumen von 2,6 Millionen Tonnen macht er heute rund 1,5 Prozent des globalen Fruchthandels aus. „Für die Wirtschaft in den Produzentenländern spielen Avocados eine entscheidende Rolle“, sagte Hans-Christoph Behr, Marktexperte der Agrarmarkt-Informations-Gesellschaft (AMI), im Fresh Produce Forum der FRUIT LOGISTICA. Um so besorgniserregender sei es, dass die Umsätze mit den mengenmäßigen Verkäufen nicht Schritt halten.

Mexiko bestreitet rund die Hälfte des Welthandels mit Avocados und liefert den Großteil seiner jährlich exportierten 1,3 Millionen Tonnen an die USA. Zweitgrößter Exporteur ist Peru. Das südamerikanische Land, das für 22 Prozent der globalen Avocado-Exporte steht, ist auch für den europäischen Markt der wichtigste Lieferant. Aber auch Länder wie Kolumbien, Chile, Kenia und Südafrika setzen zunehmend auf die Nachfrage der europäischen Verbraucher:innen.

… aber die Nachfrage hinkt hinterher

Die könnte allerdings vielerorts wesentlich ausgeprägter sein, meint Behr. So kaufte beispielsweise jeder spanische Haushalt im Jahr 2022 durchschnittlich 4,4 Kilo Avocados und jeder französische 3,8 Kilo. Die deutschen Haushalte zeigten sich mit durchschnittlich 1,5 Kilo wesentlich verhaltener. Und während etwa die Nachfrage nach Avocados in Italien in den vergangenen Jahren stark gewachsen ist – wenn auch ausgehend von einem niedrigen Niveau –, stagniert sie am deutschen Markt. Nur vier von zehn Haushalten in Deutschland kaufen überhaupt Avocados. Rein theoretisch ist hier also – wie auch in zahlreichen anderen europäischen Ländern – reichlich „Luft nach oben“. Dieses Potenzial zu heben und damit die sogenannte Marktdurchdringung zu erhöhen, lohne unter dem Strich mehr, als den Konsum der Haushalte zu steigern, die bereits Avocados kaufen, sagt Behr. Denn Letzteres lasse sich in der Regel nur über Preissenkungen erreichen.

Neue Kund:innen gewinnen

Effizientes Marketing setzt zunächst voraus, dass die (potenzielle) Zielgruppe bekannt ist. Für Avocados bedeutet dies, tendenziell jüngere und tendenziell wohlhabendere Menschen anzusprechen. Und im besten Fall gelingt es, „neue Traditionen“ zu schaffen. In den USA beispielsweise steigt der Avocado-Konsum jedes Jahr im Februar sprunghaft an. Aus einem einfachen Grund, wie Antonio Lazaro, Business Intelligence Director beim US-amerikanischen Marktanalysten agtools, berichtete: Am zweiten Februarsonntag findet traditionell der Super Bowl, das Finale der US-amerikanischen American-Football-Profiliga, statt. Und für die meisten Fans gehört zu dem Spektakel unweigerlich eine große Schüssel Avocadocreme,bekannt als Guacamole, dazu. Ein geschickter Marketingschachzug der Lebensmittelindustrie, der auf die 1990er Jahre zurückgeht. Laut der Nachrichtenagentur dpa hat Mexiko für das Finale 2023 rund 130.000 Tonnen Avocados in die Vereinigten Staaten geliefert. Zum Vergleich: Europas einziger nennenswerter Avocado-Exporteur Spanien exportiert jährlich 36.000 Tonnen der grünen Frucht.

Eine Frage der Nachhaltigkeit?

Ein Grund für die unbefriedigende Nachfrageentwicklung in Europa könnte auch der schlechte Ruf sein, den die Avocado seit einigen Jahren genießt. Denn der Anbau der birnenförmigen Frucht, die als Gemüse verzehrt, botanisch gesehen aber eine Beere ist, benötigt viel Wasser. Rund 1.000 Liter für ein Kilo, um genau zu sein. Weswegen sie nicht selten auch als „Umweltsünde“ bezeichnet wird. Für Lazaro greift diese Kritik zu kurz, bildet sie doch nur einen Teil der Wahrheit ab. Dem Fachpublikum auf der FRUIT LOGISTICA zeigte der Marktspezialist, wie es um den Ressourceneinsatz in der Avocado- und der Tomatenproduktion steht: Während beim Anbau von Tomaten im Durchschnitt weniger Wasser verbraucht wird, weniger Treibhausgasemissionen entstehen und weniger Lebensmittelabfälle anfallen, kann die grüne Superfrucht durch einen geringeren Energieverbrauch, einen niedrigeren Düngemitteleinsatz und geringere Arbeitskosten punkten.